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Gedanken zur Flüchtlingswelle aus Syrien
25. Oktober 2015

Wie jeder in Deutschland mache ich mir in diesen Tagen auch so meine Gedanken über die Flüchtlingswelle, die derzeit auf uns zurollt.
Eines will ich gleich vorweg klarstellen. Auch wenn meine Meinung von der üblichen von unseren Medien propagierten abweicht, distanziere ich mich ganz deutlichen von den rechten Dumpfbacken wie Pegida und Co.! Ich bin nämlich nach wie vor der Überzeugung, dass politisch Verfolgten Asyl gewährt werden soll, egal aus welchem Land sie kommen!
Da ich mir auch ein eigenständiges Denken bewahrt habe, lasse ich mich andererseits ungern von den in einer Art Selbstzensur scheinbar gleichgeschalteten Medien einlullen. Meine Wahrnehmung und die meines unmittelbaren Umfeldes ist eine andere als uns allabendlich ins Wohnzimmer propagiert wird und sie ist geprägt von tiefer Sorge.
Als naturwissenschaftlich gebildeter Mensch gehe ich immer nach dem Prinzip Ursache, Folge und Lösung vor.

Ursache:
Also betrachten wir mal die Ursache der Flüchtlingsbewegung. Nach den Anschlägen am 11. September in New York haben die USA und ihre Alliierten einen Krieg in Afghanistan vom Zaun gebrochen, der vor allem die Zivilbevölkerung getroffen hat und die Taliban eher gestärkt als geschwächt hat. Jahre später haben die USA gemeinsam mit der „Koalition der Willigen“ einen Krieg gegen Irak geführt, nur mit dem (erklärten) Ziel, Saddam Husein zu stürzen. Diejenigen in der amerikanischen Regierung, die den Krieg wollten, waren gierig genug nach Öl, aber zu dumm oder ignorant, um die Tragweite ihres Handelns zu begreifen. Über das „danach“ hat sich, so scheint mir, niemand ernsthaft Gedanken gemacht. Beide Kriege haben zu einer Destabilisierung und religiösen Radikalisierung der ganzen Region geführt. Ereignisse wie jüngst die Bombardierung eines UNHCR-Krankenhauses in Kundus werden die Amerikaner und den Westen nicht gerade zu Freunden in Afghanistan machen.
Im Ergebnis der Entwicklung wurden Regierungen, die zweifellos Diktaturen waren, aber jahrzehntelang für eine Stabilität der arabischen Region gesorgt haben, gestürzt. Da es in diesen Ländern nun mal keine organisierte Opposition gibt und die feudalistischen Strukturen längst nicht reif für eine parlamentarische Demokratie westlichen Musters sind,  versinken die Länder im Chaos und übernehmen religiöse Fundamentalisten das Ruder. Anstatt die Entwicklung kritisch und mit diplomatischem Geschick zu begleiten, feierte der Westen das Ganze auch noch als „arabischen Frühling“.

Folge:
Besonders in Syrien hat die Staatsmacht jegliche Kontrolle über das Land verloren. Der Westen hat, anstatt mal daran zu denken was danach kommt, einseitig den Krieg einer nicht geeinten Opposition gegen Asad unterstützt. Von der Opposition sind jetzt noch als nennenswerte Kräfte der Islamische Staat und die Taliban übrig geblieben und die begnügen sich längst nicht mehr mit Syrien. Der Islamische Staat mordet sich inzwischen quer durch Syrien, Irak und steht an der türkischen Grenze. Inzwischen sind 11 Millionen Syrer, das ist fast die Hälfte der Bevölkerung, auf der Flucht. Und das nur weil engstirnige Politiker in den USA und Westeuropa sich seit Jahren nicht mit Präsident Putin auf eine diplomatische Lösung für Syrien einigen wollten.

Lösung:
Zunächst mal, was nicht die Lösung sein kann: Es kann nicht sein dass Europa und an erster Stelle Deutschland alle Flüchtlinge aufnimmt. Angesichts von 11 Mio. allein syrischer Flüchtlinge ist das keine Option. Schätzungsweise kommen in diesem Jahr 1,5 Mio. Flüchtlinge nach Deutschland. Viele davon reisen allein und es ist davon auszugehen, dass durch Familiennachzug wir schnell bei 4 Mio., also etwa 5% der deutschen Bevölkerung, sind.
Wenn sich Frau Merkel hinstellt und ruft, ihr Flüchtlinge kommet nach Deutschland, ist das zwar moralisch betrachtet ausgesprochen lobenswert, aber politisch betrachtet eine Kurzschlusshandlung. Es ist begrüßenswert, dass Frau Merkel inzwischen anerkennt, dass der Krieg in Syrien schnellstens beendet werden muss, um die Flüchtlingswelle zu stoppen, nur kommt diese Erkenntnis leider 4 Jahre zu spät.
Nebenbei muss auch die Frage erlaubt sein, warum alle Flüchtlinge, die bereits aus Flüchtlingslagern in der Türkei kommen und so der unmittelbaren Verfolgung bereits entkommen sind, unbedingt nach Deutschland  wollen?
Die Lösung kann nur sein, in erster Linie die Ursachen der Flucht zu bekämpfen und den betroffenen Menschen direkt vor Ort zu helfen. Aber auch hier haben die Europäer versagt und die Türkei, Jordanien und Libanon mit den Flüchtlingen allein gelassen. Viel zu spät besinnt sich die EU, jetzt die Türkei bei der Versorgung von über 2 Mio. Flüchtlingen zu unterstützen. Vom Libanon und Jordanien spricht im Moment gar niemand.
Der entscheidende Schritt ist eine diplomatische Lösung zusammen mit Russland. Wenn der Westen hier nicht über seinen Schatten springt, wird der Krieg noch viele Jahre andauern. Ob es dem Westen nun gefällt oder nicht: Die Entscheidung lautet Islamischer Staat oder Asad. Eine dritte Alternative gibt es im Moment nicht. Auch wenn der Westen jetzt wieder über Putin wegen der Waffenlieferungen an Asad wettert, so muss man bei nüchterner Überlegung sagen, dass Putin die Lage wesentlich realistischer verstanden hat.
Aber auch hierbei besteht wenig Hoffnung: Wenn Russland Angriffe auf den IS fliegt, wettern gleich alle westlichen Präsidenten in einer konzertierten Aktion.
Die Angriffe Frankreichs wenige Tage zuvor waren nur eine Randnotiz wert. Der Kalte Krieg lässt grüßen!

Vielleicht muss sich Europa erst einmal von den USA emanzipieren und eine eigene an seinen Interessen orientierte Außenpolitik formulieren. Den USA, die diese Kriege angezettelt haben, scheinen die Folgen doch völlig egal zu sein, solange das Öl nur irgendwie noch läuft. Immerhin sind die Amerikaner durch zwei Ozeane gut geschützt. Wir in Europa erleben die Folgen einer verantwortungslosen von den Amerikanern gesteuerten Außenpolitik jedoch direkt vor unserer Haustür. Welcher Politiker aus dem europäischem Parlament bringt als erster den Mut auf, von den USA die Übernahme der Verantwortung für die Schäden, die sie mit Ihrer Außenpolitik angerichtet haben, zu fordern?

Ergänzing vom Oktober 2016: Damit Sie nicht denken ich spinne oder sein ein Verschwörungstheoretiker, sollten Sie  das Buch "Wer den Wind sät" von Michael Lüders lesen.

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